Tempelhof - Ein wichtiges Kapitel der deutschen Luftfahrtgeschichte geht zuende
Datum: 2.11.2008 20:30 Uhr
Danke Tempelhof!
Ein wichtiges Kapitel der deutschen Luftfahrtgeschichte geht zuende
Am 30. Oktober 2008 endet nach über 80 Jahren der Flugbetrieb
auf dem Airport Tempelhof. Die letzte reguläre Linienmaschine, eine
Dornier 328 der Cirrus Airlines, startet um 21.50 Uhr in Richtung
Mannheim. Pilot der Maschine wird Lars Jacobs sein. Als letzte
Flugzeuge werden die Junkers Ju-52 der Deutschen Lufthansa
Berlin-Stiftung und der „Rosinenbomber" DC 3 des Air Service Berlin den
Airport verlassen. Beide Maschinen werden kurz vor Mitternacht von
Tempelhof abheben. Pilot der Ju 52 ist Georg Kohne. Die DC 3 wird von
Steffen Wardin geflogen.
Die drei letzten Flüge sind die Höhepunkte der
Abschlussveranstaltung anlässlich der Schließung des Flughafens
Tempelhof, zu der die Berliner Flughäfen Vertreter von Airlines sowie
aus Politik und Wirtschaft einladen. Die Haupthalle des Flughafens
Tempelhof bleibt am letzten Flugtag für Besucher und Fluggastabholer
geschlossen. Passagiere, die im Besitz eines gültigen Flugtickets für
diesen Tag sind, haben wie gewohnt Zutritt zur Haupthalle.
Mit den letzten Flügen geht eine bedeutende Ära der deutschen
Luftfahrtgeschichte zu Ende. Gleichzeitig machen die Berliner Flughäfen
mit der Schließung des Airports einen großen Schritt bei der
Realisierung des wichtigsten Zukunftsprojektes der deutschen
Hauptstadtregion: der Konzentration des Luftverkehrs bis 2011 auf dem
neuen Hauptstadt-Airport Berlin Brandenburg International BBI.
Blick zurück
Tempelhof gilt zu Recht als die Wiege der Luftfahrt. Der Name
Tempelhof ist eng mit dem Beginn des Motorflugs verbunden. Am 04.
September 1909 hob erstmals in Deutschland ein Motorflugzeug für einige
Minuten vom Boden ab. Der Amerikaner Orville Wright leitete auf dem
Tempelhofer Feld mit seinem Flugapparat das Zeitalter des Motorflugs in
Deutschland ein. Die Flugtechnik entwickelte sich rasant weiter: Am 08.
Oktober 1923 wurde Tempelhof der Status „Flughafen Berlin" erteilt. Der
Zentralflughafen Tempelhof entwickelte sich zum größten Drehkreuz
Europas. Tempelhof wurde für die am 06. Januar 1926 in Berlin
gegründete Deutsche Lufthansa AG zum Heimatflughafen. 1936 begann der
Bau eines komplett neuen Flughafens mit gewaltigen Ausmaßen. Der Bau
des größten Flughafengebäudes der Welt sollte dem Hang Hitlers zum
Monumentalen ebenso gerecht werden wie einem erwarteten Aufkommen von 6
Millionen Passagieren. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde der
zivile Luftverkehr immer mehr ausgedünnt. Nach einer kurzen Besetzung
durch die sowjetische Armee übernahmen im Juli 1945 die Amerikaner den
Flughafen.
Am 18. Mai 1946 begann mit einer Maschine der American Overseas
wieder der zivile Luftverkehr. Am 24. Mai 1948 verhängte die
Sowjetunion über West-Berlin eine totale Blockade. Während der
Luftbrücke, die bis zum 12. Mai 1949 dauerte, wurden mit insgesamt
277.728 Flügen 2.326.205 Tonnen Versorgungsgüter transportiert.
Tempelhof und die „Rosinenbomber" wurden zum Symbol für den
Freiheitswillen der Berliner.
Mit der deutschen Einheit am 03. Oktober 1990 wurde die Lufthoheit
in Berlin den deutschen Behörden übergeben. Erstmals landeten wieder
Flugzeuge der Lufthansa und anderer, nichtalliierter europäischer
Staaten in Berlin. Auf dem Flughafen Tempelhof, der für den zivilen
Verkehr geschlossen war, wurde der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Ab
Mitte der neunziger Jahre verlagerte sich der Flugverkehr von Tempelhof
immer mehr auf die beiden anderen Flughäfen Tegel und Schönefeld. Das
hatte zur Folge, dass sich das Verkehrsaufkommen in Tempelhof von Jahr
zu Jahr verringerte und Tempelhof so zu einem Verlustbringer mit einem
jährlichen Defizit zwischen 10 und 15 Millionen Euro wurde.
Aus drei mach eins
Seit dem Konsensbeschluss vom Mai 1996 ist klar: Ziel der
Luftverkehrspolitik der Länder Berlin und Brandenburg ist es, den
gesamten Luftverkehr der Region auf einem Standort zu konzentrieren.
Mit der Inbetriebnahme des neuen Hauptstadt-Airports BBI am 30. Oktober
2011 in Schönefeld wird die historisch entstandene Zersplitterung des
hauptstädtischen Luftverkehrs beendet. Die Schließung des Flughafens
Tempelhof am 30. Oktober 2008 ist eine wichtige Wegmarke bei der
Realisierung des BBI. Tegel, der zweite innerstädtische Flughafen, wird
nach der Eröffnung des BBI geschlossen.
Die Genehmigung zum Bau des BBI fußt auf drei letztinstanzlichen
Urteilen sowie dem Bescheid der Berliner Luftfahrtbehörde zur
Entwidmung des Flughafens Tempelhof:
- November 2005: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
erklärt die Schließung des Flughafens Berlin-Tegel für rechtens.
- März 2006: Das Bundesverwaltungsgericht genehmigt den Ausbau des
Flughafens Schönefeld zum Hauptstadt-Airport BBI. Unabdingbare
Voraussetzung: Die Schließung der innerstädtischen Flughäfen Tegel und
Tempelhof.
- Februar 2007: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erklärt die Schließung des Flughafens Tempelhof für rechtens.
- Juni 2007: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erlässt den
Bescheid zur Entwidmung des Flughafens Tempelhof. Die Entwidmung ergibt
sich zwingend aus dem Planfeststellungsbeschluss, der ausdrücklich die
Konzentration des Luftverkehrs auf nur einen Single-Standort
festschreibt.
Tempelhof-Schließung - die nächsten Schritte
Die Berliner Flughäfen werden am 30. Oktober 2008 die Schlüssel an
den zukünftigen Verwalter des Flughafens, die BIM, Berliner
Immobilienmanagement GmbH, übergeben. Eine 100-prozentige Tochter der
Flughafengesellschaft, die Facility Management Tempelhof GmbH (FMT),
wird sich im Rahmen einer Ausschreibung um die weitere Bewirtschaftung
der Immobilie bewerben. In der FMT sind 38 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter beschäftigt.
Weitere neun Feuerwehrleute der Flughafengesellschaft werden noch
bis Ende 2008 auf der Feuerwehr-Leitstelle ihren Dienst verrichten. Mit
der BIMA, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, ist vertraglich
geregelt, dass die Flughafengesellschaft die Flughafenanlagen in dem
Zustand übergeben wird, wie sie 1993 von den Alliierten übernommen
wurden.
Die Fluggesellschaft Intersky wird letztmalig am 25. Oktober 2008 um
08.25 Uhr von Tempelhof nach Friedrichshafen fliegen. Am gleichen Tag
startet SN Brussels um 18.55 Uhr nach Brüssel. Beide Fluggesellschaften
werden ab 26. Oktober, mit Beginn des Winterflugplans 2008/09, ab Tegel
ihre Dienste anbieten.
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